Was ist das wichtigste Navigationsmittel — der Plotter?
Nein, falsch! Es ist des Blauwasserseglers Hinterkopf!
Warum?
GPS zeigt zwar immer einen richtigen Positionswert bezogen auf das Chart Datum WGS84 an, korrekt aber nur auf Karten, die diesem Bezugspunktesystem entsprechen. Insbesondere ältere, lokale Papierkarten pazifischer und asiatischer Seegebiete entsprechen diesem Standard oft nicht.
Darüber hinaus darf man nie vergessen, dass die Position immer nur so genau sein kann, wie die Karte selbst! Karten sind nicht die Realität, sondern nur ihr menschengemachtes Abbild!
Wer glaubt, dass im Zeitalter der Satelliten alle Wassertiefen und Küstenverläufe der Karten inzwischen überall stimmen, der irrt. Abgesehen von den immer noch vorhandenen weißen Flecken auf Seekarten, wie zwischen manchen Fidschi Inseln, sind in Seegebieten wie den Tuamotus oder bei entlegenen Küstenstreifen, die selten von der Berufsschiffahrt befahrenen werden, immer noch viele Karten ungenau oder sogar falsch.
Außerdem – in einigen British Admiralty Charts australischer Seegebiete findet man kleine Einschübe mit einer Darstellung der Abstände und Häufigkeit der Lotreihen. Diese Lotreihen sind vor und in der Nähe von Häfen sehr verdichtet, in den weiten Seeräumen oder abgelegenen Gebieten, wo Blauwassersegler unterwegs sind, oft 20 Meilen und mehr voneinander entfernt. Man wundert sich, dass nur alle Jubeljahre ein Schiff auf eine nicht kartografierte Untiefe aufläuft und nicht öfter.
Auch elektronische Seekarten sind, wenn auch digital, von ihren Papierahnen abgekupfert; damit gilt das Vorstehende prinzipiell auch für diese.
Wenn man das alles berücksichtigt, wird klar, dass die navigatorische Hauptvernetzung weder NMEA noch card bus allein sein können, sondern der Hinterkopf des Wachhabenden.
Dieser muss den Schiffsort trotz des kleinen roten Schiffchens auf dem Kartenplotter einer ständigen PLAUSIBILITÄTSPRÜFUNG in der Realität unterziehen. Stimmt die Wassertiefe auf dem Plotter mit dem Lot überein? Oder – eigentlich soll es hier tief sein, warum bricht sich die See eine halbe Meile voraus? (Weil wir beim Einstellen des Kurses einen zu kleinen Maßstab gewählt hatten und deshalb Wulf’s Rock auf den Weg nach Moloolaba „übersehen“ hatten.) Nachts in den Touamotus: „Brandungsgeräusch an Backbord“! Aber eigentlich darf da nichts sein? (War doch ein Riff Inselchen, das in der Karte um zwei Meilen nach Osten „verschoben“ war.)
Wenn man sich das einmal bewusst angewöhnt hat, läuft die ständige Plausibilitätsüberprüfung des Schiffsortes wie ein Computer Programm im Hintergrund ohne Anstrengung automatisch mit und gibt Alarm, wenn etwas nicht stimmt. (Siehe auch Navigation im Teil Ausstattung,)